Sonntag, 19. Januar 2020

18.01.2020 - Moin Vienna - FC21 EM-Tour 2020: Spieltag 2 ... und das Drama nimmt seinen Lauf.

Im Urlaub weiß man ja häufig nicht so genau, welcher Wochentag oder welches Datum gerade ist - hier in Wien geht's mir akutell nicht anders, allerdings wussten wir heute alle genau, dass Spieltag ist - und zwar nicht irgendein sondern DER Spieltag mit DEM "Alles-oder-nichts-Spiel" für unsere deutschen Jungs. Kroatien - Deutschland lautete die Paarung, die um 20.30 Uhr angesetzt war.

Wir liessen es an diesem Tag langsam angehen. Nach dem Frühstück machte sich ein Teil der Reisegruppe auf den Weg zu einem Schokoladen-Workshop (quasi 'Kähte und die Schokoladenfabrik') während der Rest der Bande es ruhig angehen ließ. Wir machten noch ein paar Besorgungen um den Kühlschrank für die nächsten Tage zu füllen und wollten dann an sich noch ein wenig bummeln gehen. Doch das Wetter war so usselig, dass wir dieses Vorhaben nicht weiter verfolgten und stattdessen in der Wohnung verweilten. Immerhin hatte sich der Regen über Schneerregen tatsächlich noch in Schneefall gewandelt - und der Schnee blieb sogar liegen. 😊
Irgendwann mussten wir dann aber ja nunmal doch vor die Tür und so machten wir uns gegen 14 Uhr auf die Socken bzw. in die Winterstiefel und begaben uns auf den Weg zur Bahn. Bei dem Wetter wollten wir den Weg dann doch nicht zu Fuß absolvieren. 
Wir hatten uns in "Lugner-City" (das Einkaufszentrum heißt wirklich so, das habe ICH mir echt nicht ausgedacht!) mit Melli und Katja verabredet, die heute vormittag aus Hamburg eingeflogen waren. Dort wollten wir noch eine Kleinigkeit essen und dann die letzten Meter zur Halle gehen. Da uns das erste Spiel des Tages eher so am Rande interessierte (*räusper*) waren wir entspannt und hatten Zeit. Nach dem Essen suchten wir dann den Weg zur Stadthalle und lernten  dort, dass eine Ausschilderung, auf der Stadthalle steht, noch lange nicht bedeutet, dass man über diese dann auch zur Stadthalle gelangt. Aber immerhin wissen wir jetzt, was wir Montag abend alternativ zum Handball machen könnten. 
Wir müssen für Melli nur noch ein passendes Ballkkleid finden. 😉

Irgendwann fanden wir dann den Weg zur Stadthalle, die tatsächlich nur wenige Meter entfernt war. Wieder war der Einlass schnell und unkompliziert. Selbst die PET-Wassserflasche, die Katja noch in der Jackentasche hatte, wurde gesehen und durchgewunken. 
Im ersten Spiel trafen Weissrussen und Tschechen aufeinander und das war ja wie bereits erwähnt das Spiel, das uns heute am wenigsten interessierte. Beide Mannschaften hatten auch kaum Fans dabei, so dass es in der Halle eher ruhig war und die Animation des Stadionsprechers auch eher ungehört verschallte. Am Ende setzten sich Weissrussland mit 28-25 durch und das zweite Spiel, bei dem wir die Paarung doch etwas interessanter fanden, stand bevor.

Wir beschlossen dennoch, noch etwas durch den Umlauf zu bummeln und waren wieder erstaunt, wie wenig Sponsoren vertreten waren und entsprechend kaum Werbematerial unter die Menge gebracht wurde. Keine Papierfähnchen, keine bunten Perücke, keine Flyer, keine Gewinnspiele, keine Produktproben - nicht einmal Lidl versuchte Smoothies unter's Volk zu bringen. Sehr merkwürdig. Für die Verpflegung sorgten ein paar Food-Trucks, Getränke bekam man an den Bars vor den Eingängen. Auch am Merchandising-Stand ging es beschaulich zu, 2 Verkäuferinnen versuchten der Menge Herr zu werden, hatten dabei aber auch die Ruhe weg. Gut, vielleicht lag das auch daran, dass sie kaum noch Material zum Verkaufen hatten. Die meisten Shirts waren bereits ausverkauft und das was noch erhältlich war, gab es nur noch in Kindergrößen. Aber immerhin hofft man, dass am Montag nochmal neue Ware eintrifft - bestellt wäre alles, nur die Lieferung aus Stockholm wäre eben noch nicht eingetroffen. Nun ja, kann ja auch keiner Ahnen, dass Interesse an Merchandising-Produkten besteht. 😉
Wir schlenderten weiter, holten uns noch ein Getränk. Bei den Ösis wird übrigens nicht nur Bier sondern auch Weinschorle im praktischen 0,5L-Becher ausgeschenkt, fertig gemischt aus der PET-Flasche - nicht unlecker und immer noch besser als das Limetten-Radler mit dem merkwürdigen Beigeschmack, das hier vorgemixt verkauft wird. 
Als wir dann wieder zu unseren Sitzplätzen wollten, kam uns Berit entgegen und fragte aufgeregt nach Traubenzucker. Ein Mitglied der Reisegruppe wäre umgekippt und hätte Kreislaufprobleme. Jensemann händigte ihr seinen Vorrat aus und wir versuchten, Sanitäter zu finden. Von den Mitarbeitern der nächstgelegenen Gastro wurden wir an die Einlasskontrolle geschickt, dort wurden wir dann zu den Sicherheitskräften geschickt. Immerhin konnten von dort über Funk Sanitäter angefordert werden. Dass wir dann gefühlt nochmal rund 5 Minuten warten mussten, bis diese eintrafen, fanden wir dennoch zu lange. Jetzt waren es in diesem Fall zum Glück 'nur' (und das ist jetzt nicht verharmlosend gemeint!) Kreislaufprobleme und unser Begleiter war ansprechbar -  aber wir möchten uns nicht ausmalen, was bei einem ernsten, medizinischen Notfall passiert wäre. Mal sehen, ob es in den nächsten Tagen eine Stellungnahme auf Ihre Nachricht bekommt, die sie diesbezüglich an die Stadthalle Wien geschickt hat. Auf jeden Fall wurde unser FC-Mitglied von den inzwischen eingetroffenen Sanis behandelt und in einen ruhigeren Raum mitgenommen. Als er dann wieder einigermaßen fit war, holte Jule die Sachen aus der Halle und fuhr als Begleitung mit in die Ferienwohnung, wo die Genesung weiter voran Schritt. 

Für uns ging es dann mit dem Spiel zwischen Spanien und Österreich weiter und dieses Spiel hatte ein etwas größeres Zuschauerinteresse geweckt und die Halle füllte sich. Wir stellten fest, dass sich in 'unserem' Block mehr und mehr deutsche Fans niederließen - sehr erfreulich, war der Block doch beim letzten Spieltag noch nahezu in kroatischer Hand gewesen. Das laufende Spiel zwischen Spanien und Österreich war entgegen unserer ersten Befürchtungen doch ganz interessant und unterhaltsam, am Ende setzte sich Spanien mit 30-26 durch und die Stimmung in der Halle war auch besser und lauter geworden. 

Und dann wurde es endlich ernst, die Mannschaften betraten die Platte zum warm up und man bekam schon mal einen ersten Eindruck, wie laut es gleich in der Halle werden würde. Vielleicht sollte man sich doch noch ein paar Ohrstöpsel besorgen? 🙉 Nein, die waren für mich nicht erforderlich, aber ein Getränk sollte es schon noch sein. 
Also ging ich nochmal in den Vorraum und stellte überrascht fest, dass die Zugänge zu den Halleneingängen im Untergang (die durch Glastüren von der Vorhalle getrennt waren) abgesperrt waren und bereits dort von Sicherheitskräften und Polizei Eintrittskarten und Zugangsberechtigungen kontrolliert wurden. Da hatte wohl der ein oder andere Kroate versucht, sich ein Upgrade auf bessere Sitzplätzen zu verschaffen.
Auch in unserem Block selbst gab es ein paar Diskussionen, so versuchten doch ein paar Kroaten, noch Flaggen und Plakate aufzuhängen und mussten von der Secutity darauf hingewiesen werden, dass die freie Sicht für die Sitzplätze doch Vorrang vor den Flaggen hätte. Dennoch blieb alles friedlich.

Beide Fanlager schenkten sich nichts und die Lautstärke nahm zu. In der Halle selbst war es ohnehin schon warm - aber bei dieser Partie hätte man bereits in der 1. Halbzeit einen Aufguss machen können. Lange sitzen war nicht, bei jedem Tor, bei jeder Parade sprangen wir auf, setzen uns wieder hin - aber nur, um dann gleich wieder aufzuspringen. Dem Großteil des Spiels sahen wir wohl doch im Stehen. Und man, war das heiß! Und laut und ... ach, lest doch die spontanen Gedanken zur Halbzeit selbst:
Deutschland führte nach 30 Minuten mit 14-11 und zeigte das beste Spiel bei dieser EM. Die Halle brodelte, tobte, kochte. Ich verwarf den Gedanken, dass uns die Pause zur Halbzeit eventuell nicht gut tun würde und hoffte, dass die deutsche Mannschaft an die gute Leistung anknüpfen würde.
Auch in der 2. Halbzeit gaben die DHB-Männer weiter Gas und bauten ihre Führung auf 5 Tore aus. Die schwarz-rot-goldenen Fans tobten, die rot-weissen Karos wurden  leiser. Doch dann kam ein Bruch ins Spiel und die Kroaten holten Tor um Tor auf. Während wir weiter brüllten, klatschten, schrien wachten auch die Kroaten wieder auf und der Lärmpegel stieg wieder an. Und dann gingen die Kroaten tatsächlich in Führung. 25-24 stand auf der Anzeigetafel, es war nach dem 1-0 erst die zweite Führung der Kroaten in dieser Partie. Unglücklicherweise wollte trotz aller Bemühungen der Ball nicht noch einmal ins kroatische Tor und es blieb bei dieser unglücklichen, unverdienten, unnötigen Niederlage. Die Kroaten und ihre Fans konnten ihr Glück kaum fassen und wir standen mit gereizten Stimmbändern und leerem Blick auf der Tribüne und starrten fassungslos vor uns hin. Uns ging es genau wie den deutschen Spielern, die ebenso gelähmt, fassungslos und traurig auf der Platte standen. 
Natürlich wurde die Mannschaft noch beklatscht und wir versuchten, die Spieler wieder aufzurichten - aber das gelang uns wohl leider nur bedingt. 
Leer, müde, erschöpft, sprachlos, traurig aber auf keinem Fall enttäuscht und mit einem leichten Klingeln im Ohr verließen wir die Halle und machten uns nachdenklich auf den Heimweg. Montag geht's weiter. Deutschland hat jetzt nur noch eine sehr sehr theoretische Chance auf das Erreichen des Halbfinales (dazu müssen quasi Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen) aber wir hoffen, dass Montag im Spiel gegen Österreich der deutsche Kampfgeist wieder geweckt ist und wir ein gutes Spiel mit erfolgreichem Ausgang sehen. Wir auf jeden Fall setzen wieder unsere Hüte auf, schmieren uns Farbe ins Gesicht und reizen die Stimmbänder bis auf's Äußerste. Auf geht's, Deutschland!

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